• CyberEgg@discuss.tchncs.de
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    14 hours ago

    Eine der am meisten verbreiteten Erklärungen für den Aufstieg der AfD ist die folgende: Die Wähler radikaler Parteien stammen aus ökonomisch und sozial abgehängten Milieus. Deshalb könnten sie durch eine Ausweitung staatlicher Leistungen wieder an die politische Mitte gebunden werden.
    […] Aber stimmt das eigentlich? Welche Sozialpolitik wollen die Wähler rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien?

    Da hat aber jemand ein paar Zusammenhänge nicht verstanden. Nur weil eine Erklärung für den Aufstieg der AfD lautet, dass ihre Wähler*innen ökonomisch abgehängt und daher frustriert sind, folgt daraus ja nicht, dass sie sich eine Stärkung des Sozialstaats wünschen. Es geht dabei darum, dass wer die eigene Existenz bedroht sieht, anfälliger für populistische Rhetorik ist. Jemand der sich fragt, wie lange er noch die Gasrechnung bezahlen kann hört eher jemandem zu, der ihm erklären will, dass die Lage so schlecht sei weil die Regierung den Arbeitslosen und Geflüchteten Geld schenkt und sich eher um die richtigen Pronomen sorgt als darum, dass das Heizen im Winter bezahlbar bleibt.
    Deswegen wäre ein Lösungsansatz (ein Puzzleteil von vielen, wohlgemerkt), die soziale Absicherung zu stärken und den Menschen die Ängste vor Armut oder Versorgungsenpässen zu nehmen. Jemand, der keine Angst davor hat, die nächste Heizkostenabrechnung nicht bezahlen zu können, oder als Rentner Flaschen sammeln zu müssen, ist eher geneigt zuzuhören, wenn es darum geht, Minderheitenrechte zu stärken.

    Abgesehen davon finde ich die Studie (oder die Präsentation der Ergebnisse, kp) auch nicht gut gemacht. Linkenwähler*innen sind ja nicht dafür, pauschal jede Steuer anzuheben oder neue Steuern einzuführen, die von allen gleichermaßen getragen würde. Es geht ja explizit um Steuern, die Reiche und Superreiche deutlich stärker belasten als Arbeiter*innen, Soloselbstständige oder Kleinunternehmer*innen.

    • AntonMuster@discuss.tchncs.de
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      13 hours ago

      Die Gesellschaft sagt “Wer fleißig ist, dem gehts gut.”
      Das Selbstbild der Menschen sagt “Ich bin fleißig.”
      Wenn es den Leuten also nicht gut geht, folgt daraus eigentlich ganz automatisch, dass die harte Arbeit von wem anders abgeschöpft wird.
      So weit, so verständlich und auch richtig. Die Rechtspopulisten präsentieren dann aber eine einfache Lösung, die perfekt ins vorurteilsbehaftete Weltbild passt: Schuld sind [Minderheit], denn die sind ja bekanntermaßen faul und es geht ihnen trotzdem gut. Die Reichen hingegen sind bekanntermaßen fleißig und es geht ihnen gut. Somit sind für diese Leute die Reichen keine Feinde, sondern der Normalzustand. In der Realität ist es natürlich idR andersrum, aber das passt einfach nicht ins Jahrzehnte gehegte Weltbild.

      Die rechtsextremen Wähler wünschen sich natürlich keinen besseren Sozialstaat, denn in deren Weltbild stärkt der Sozialstaat die Umverteilung von den Fleißigen zu den Faulen. Ein besserer Sozialstaat entzieht aber trotzdem dem Rechtsextremismus den Boden, weil die Beschädigung des Selbstbilds “Ich bin fleißig, mir gehts gut” verringert wird. Wenn man dann noch rechtsextreme Weltbilder und Vorurteile bekämpft, hat der Populismus auch keine Nahrung mehr.
      Das Problem ist natürlich, dass die Menschen dann erkennen könnten, wer ihnen wirklich die Arbeitskraft abschöpft.

      • JoKi@feddit.org
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        10 hours ago

        Die rechtsextremen Wähler wünschen sich natürlich keinen besseren Sozialstaat, denn in deren Weltbild stärkt der Sozialstaat die Umverteilung von den Fleißigen zu den Faulen.

        Genau dieser Fehlschluss funktioniert leider viel zu gut. Es wird suggeriert, wenn der Staat nicht so viel unterstützt, wird es den Menschen automatisch besser gehen, weil das hart verdiente Geld ja nicht mehr als Steuern gezahlt werden muss. Welche Folgen es für die Wähler haben kann bleibt hingegen viel zu oft auf der Strecke. Meiner Meinung nach auch, weil die Medien hier nicht mehr aufklären sondern (aus Konkurrenz mit den sozialen Medien) viel zu sehr den populären Kontroversen hinterherlaufen. Natürlich kommt noch dazu, dass sich zu viele lieber den einfachen Antworten hinterherlaufen als die komplexe Realität zu betrachten. Ein gutes Beispiel ist da für mich das Versprechen beim Brexit, die EU-Beiträge eins zu eins in das Gesundheitswesen zu stecken. Klingt natürlich erstmal ziemlich pragmatisch, weil das Geld ja dann “übrig” ist. Die vielen Baustellen, die durch die Entscheidung aufgerissen werden, können von den Wählern aber nicht mehr überblickt werden.

  • SapphireSphinx@feddit.orgOP
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    14 hours ago

    Mein Nicht-Experten tl;dr

    AfD-Wähler sind Sozialdarwinisten, was bei Menschen, die Faschisten wählen, irgendwie erwartbar ist.

    • suff@piefed.social
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      12 hours ago

      Asylverfahren, Baugenehmigungen, Einbürgerungen (aktuell 24 Monate Bearbeitungszeit!), Steuerrecht (CumEx und CumCum warten auf Gegenmaßnahmen, aber auch das Leben als (Klein-)Unternehmer muss erleichtert werden), Pflege, Kita, … in der IT nennt man das Thrashing.

      Ohne spürbare Optimierung verlieren wir alle an die Sozialdarwinisten.

      • Ooops@feddit.org
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        11 hours ago

        Ohne spürbare Optimierung verlieren wir alle an die Sozialdarwinisten.

        Und wer soll diese Optimierung durchführen, wo doch exakt dieser Abschaum die Kontrolle hat und tatsächlich genau daraufhin optimiert? Ist zwar niedlich anzunehmen, dass man nur die Probleme lösen muss, aber in der Realität finden stattdessen ununterbrochen und ganz gezielt Anstrengungen statt, Probleme zu schaffen. Ganz so als wären, was du da beschreibst nur die Symptome eines ganz anderen und tiefer liegenden Problems.

        • suff@piefed.social
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          11 hours ago

          Über welche Probleme reden wir?

          Die meisten kommen doch daher, dass der Staat ständig vom Internet überholt wird. Daher die Überforderungen, von der Demografie mal abgesehen.

        • suff@piefed.social
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          11 hours ago

          Wenn RAM wegen Überalterung wegbricht, ergeben sich die Probleme ganz von allein. Oder hast du ein Beispiel?

    • comrade_twisty@feddit.org
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      13 hours ago

      Nein, man hat quasi erkannt, dass es einem selbst Scheisse geht und man selbst nicht die Kraft hat da raus zu kommen - also möchte man, dass es anderen Leuten zumindest noch schlechter geht.

      Daher der Hass auf Ausländer, Transexuelle, Schwule und Linke. Denen geht es zumindest teilweise viel besser - also muss man die schnellstmöglich bestrafen. Denn wenn andere so richtig Leiden gewinne ich ja irgendwie doch. (Genau so funktioniert auch die MAGA Bewegung in den USA)

      • rumschlumpel@feddit.org
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        13 hours ago

        Das klingt für mich nach Selbsthass mit Extra-Schritten. Und das ändert ja sowieso nichts an der Aussage, dass man selbst Schuld ist, wenn man arm ist - die Fascho-Logik, von der ich bisher ausgegangen bin, ist ja eigentlich, dass die anderen Schuld daran sind, wenn man als weißer Cis-Mann arm ist.

        • SapphireSphinx@feddit.orgOP
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          13 hours ago

          dass die anderen Schuld daran sind, wenn man als weißer Cis-Mann arm ist.

          1. Wenn man selbst betroffen ist, dann sind die anderen schuld.
          2. Wenn die anderen betroffen sind, dann sind auch die anderen schuld.

          Das ist das Faschismus-ABC.

    • SapphireSphinx@feddit.orgOP
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      13 hours ago

      Denen geht es eher darum, dass es anderen schlechter geht damit sie sich selbst besser bzw. überlegen fühlen können. Und dann ist da noch die ständige Angst, dass man selbst doch nicht zu den Leistungsträgern gehören könnte. Da tritt es sich gleich doppelt so gut nach unten.

      Das magst du alles als Selbsthass interpretieren aber das ist eine Sicht von außen.