Ich bin vor Kurzem zufällig beim Twitterkonto von Yanis Varoufakis vorbei gestolpert. Und da habe ich eine Rede gelesen, die er vorm EU-Parlament gehalten hat. Es stand leider nicht da, wer ihn eingeladen hat (hat MERA25 überhaupt Sitze im Parlament?).

In seiner Rede scheint mir mindestens an der Stelle, wo Russland als Gefahr stehen sollte, eine große Lücke zu sein. Den Rest kann ich nicht hinlänglich zureichend bewerten.

Vielleicht kann mir ja jemand von euch helfen, das einzuordnen & mir sagen, ob MERA25 letztlich nur eine weitere Front im russischen Propagandakampf ist.

  • Legeres_Idol@feddit.org
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    2 days ago

    Wenn Deutschland sich auf diesen Pfad begibt, wird einerseits eine faschistische Machtergreifung fast unausweichlich, weil die ökonomischen und sozialen Bedingungen dafür geschaffen werden, und andererseits ist dann die logische Konsequenz, diese Militärausgaben durch einen Angriffskrieg wieder reinholen zu wollen.

    Zur Zeit des kalten Krieges lagen die Ausgaben der BRD zumindest bei knapp 5% des BSP, vor 1970 Teils deutlich über 5%. Man kann z.B. bei der BPB die Zahlen bis 1983 nachlesen.

    Ich warne auch davor, dass eine massive Aufrüstung Deutschlands die EU destabilisieren wird, weil die Nachbarländer Deutschlands aus historischer Erfahrung das als Bedrohung wahrnehmen werden.

    Die Erfahrung des kalten Krieges lehrt uns eigentlich das Gegenteil. Eingebunden in die NATO und den Verbund der westlichen Staaten(EWG, EG, EU etc.), hat die Aufrüstung letztendlich zu einen Abrüstung und deutlichen Reduzierung der Verteidigungsausgaben geführt.

    Nicht dass ich das 5% Ziel unterstützen würde, ich halte es auch nicht für zielführend, aber der Schluss damit einer faschistischen Machtergreifung den Weg zu ebenen halte ich für fraglich.

    • Saleh@feddit.org
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      2 days ago

      Aus deiner BPB Quelle

      Der prozentuale Anteil am Bruttosozialprodukt lag in „normalen" Jahren zwischen 2,4 und knapp 4%. Der Anteil am Nettoinlandsprodukt (an dem, was per Saldo im Inland für Konsum und Investitionen zur Verfügung steht) schwankt mit den Anteilen des Exportüberschusses am Sozialprodukt. Der hohe Exportanteil und der hohe Exportüberschuß, der die westdeutsche wirtschaftliche Entwicklung seit Mitte der fünfziger Jahre auszeichnet, läßt den Anteil der Militärausgaben am Nettoinlandsprodukt entsprechend höher erscheinen, weil die Bezugsbasis kleiner ist. Das gleiche gilt für den Anteil der Militärausgaben am Nettosozialprodukt zu Faktorkosten Zur Auflösung der Fußnote[11]

      Du kannst die beiden Werte also garnicht so einfach vergleichen und deine Quelle bestätigt, dass es bezogen auf das BIP sehr viel weniger ist.

      Naturgemäß liegen die Anteile bezogen auf das Bruttosozialprodukt in allen Phasen des Zeitraumes 1955/56 niedriger, weil die Bezugsbasis größer ist. Zwar muß man wegen Ungenauigkeiten in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Fehlergrenzen berücksichtigen, dennoch bleibt der elementare Tatbestand bestehen, daß nach mancherlei Schwankungen sich schließlich ein Prozentanteil von etwa 3,4% herausbildet.

      Jetzt kommt aber die Krux. Vergleichen wir das mal mit der Zahl an Soldaten in der Bundeswehr.

      Zu der Zeit haben also die Solde der Soldaten eine größere Rolle gespielt. Solde, die wieder in den Inlandskonsum zurückfließen. Man könnte es zynisch als indirektes Arbeitslosengeld bezeichnen, weil die kasernierten Soldaten wenig zur Produktion beigetragen haben. Die Bundeswehr war damals auf den großen Landkrieg gegen den Ostblock ausgerichtet. D.h. tausende Panzer und Millionen Soldaten kämpfen in Mitteldeutschland.

      Dazu kommt, dass zumindest seit den 90er Jahren der Anteil an Investitionen in Deutschland deutlich gesunken sind. Die Bevölkerungspyramide ist zur Urne geworden. Wir haben eine Rentenkatastrophe und eine Klimakatastrophe.

      Ich denke, wenn man die Belastung durch die Militärausgaben ins Verhältnis zu den notwendigen Ausgaben setzt, wird man bei einer deutlich härteren Belastung rauskommen, was wiederum die ökonimischen und sozialen Bedingungen für eine neue Machterfreifung erleichtert.

      • HaraldvonBlauzahn@feddit.org
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        2 days ago

        Zu der Zeit haben also die Solde der Soldaten eine größere Rolle gespielt. Solde, die wieder in den Inlandskonsum zurückfließen. Man könnte es zynisch als indirektes Arbeitslosengeld bezeichnen, weil die kasernierten Soldaten wenig zur Produktion beigetragen haben.

        … Und es Massenarbeitslosigkeit gab.

      • Legeres_Idol@feddit.org
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        2 days ago

        Wir haben eine Rentenkatastrophe und eine Klimakatastrophe.

        Das stimmt wohl und ich halte das 5% Ziel auch nicht für zielführend oder sinnvoll. Aber man muss auch sagen, dass das Ziel auch aufgeweicht werden kann und Ausgaben, die früher nicht eingezogen wurden nun zu dem Ziel gehören. Insgesamt kann man damit auch Investitionen tätigen, die durchaus sinnvoll sind und den Bürgern hier zugute kommen. Mehr Ausgaben für den Zivilschutz z.B. wenn europäische Bauunternehmen oder Konzerne zum Zuge kommen und sinnvollerweise besteuert werden, ebenso wie Vermögen. Wäre es schön, wenn wir Zivilschutz nur für Naturkatastrophen benötigen würden, natürlich, aber das Beispiel der Ukraine und des Nahen Ostens beweist das Gegenteil. Ich bezweifle auch, dass wir mit Kanzler Merz eine für die Bevölkerung sinnvolle Steuerung der Ausgaben bekommen und damit wird eine faschistische Machtergreifung nicht unbedingt unwahrscheinlicher wird.

        Gerade der Krieg in der Ukraine zeigt, dass Ausgaben für das Militär sinnvoll beurteilt werden sollen. Es macht wirtschaftlich keinen Sinn eine teure Rakete zu benutzen, um Drohnen abzuwehren, die nur einen Teil bis Bruchteil der Kosten haben. Auch hier vermute ich wir das mit der aktuellen Bundesregierung nicht bekommen werden. Großgerät ist immer attraktiver, man kann sich daneben fotografieren lassen und bei hohen Investitionen ist die Wahrscheinlichkeit eines Kickbacks für die Verantwortlichen womöglich höher.

        Aber das Ergebnis des kalten Kriegs macht auch ein wenig Hoffnung, dass sich der Menschenverstand vielleicht doch wieder einmal durchsetzen wird.

      • trollercoaster@sh.itjust.works
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        2 days ago

        Was die Personalkosten angeht, ist das sicherlich richtig, aber in der Gesamtbetrachtung greift eine alleinige Betrachtung der Personalkosten und damit verbundenen Faktoren etwas zu kurz.

        Denn insbesondere, was die Verteidigungsfähigkeit betrifft, ist die reine Anzahl der aktiven Soldaten alleine nur ein Teil der Rechnung, denn durch die Wehrpflicht gab es in der Vergangenheit zusätzlich noch eine riesige Menge an personellen Reserven, die im Kriegsfall sehr schnell wieder einsatzfähig gewesen wären.

        Finanzierbar waren die wesentlich höheren Verteidigungskosten in der Vergangenheit durch wesentlich höhere Besteuerung großer Einkommen und Vermögen. Da war dann sogar noch genug Geld übrig, um obendrauf noch einen wesentlich besser ausgebauten Sozialstaat zu finanzieren, mit all seinen positiven Effekten. Die Wartung von Infrastruktur fand damals auch noch regulär statt, nicht nur als panische Notmaßnahme, nachdem mal wieder eine Brücke, die man mutwillig um der schwarzen Null willen hatte verfaulen lassen, öffentlichkeitswirksam in einen Fluss gefallen war.

      • foenkyfjutschah@programming.dev
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        2 days ago

        Man könnte es zynisch als indirektes Arbeitslosengeld bezeichnen, weil die kasernierten Soldaten wenig zur Produktion beigetragen haben.

        für die sog. neuen bundesländer war das nach ihrem anschluß der fall, daß so viele junge männer alimentiert wurden, die in der neuen ordnung schlichtweg ausschuß waren. wir waren dann ein stück weit froh über die ersten ausslandsstationierungen im Kosovo, weil das die zahl der nazischläger, die am wochenende unterwegs waren, merklich reduzierte.

    • HaraldvonBlauzahn@feddit.org
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      2 days ago

      Die Erfahrung des kalten Krieges lehrt uns eigentlich das Gegenteil. Eingebunden in die NATO und den Verbund der westlichen Staaten(EWG, EG, EU etc.), hat die Aufrüstung letztendlich zu einen Abrüstung und deutlichen Reduzierung der Verteidigungsausgaben geführt.

      Diese NATO gibt es aber seit Januar nicht mehr. Sind nicht nur die sozialistischen Linken, die etwas Schwierigkeiten mit dem Akzeptieren der Realität haben.

      • Quittenbrot@feddit.org
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        23 hours ago

        Diese NATO gibt es aber seit Januar nicht mehr.

        Das stimmt, aber die grundsätzliche Einbettung Deutschlands in einen übergreifenden Verbund kollektiver Verteidigung gibt es auch ohne Trumps Amerika nach wie vor. Insofern sehe ich die Gleichung ↗ Rüstungsausgaben = ↗ Faschismus auch nicht…

        • federal reverse@feddit.orgOP
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          22 hours ago

          Ressourcen kann man nur einmal verbrauchen, entweder für sozialen Zusammenhalt oder für Waffen, insofern kann ich Salehs Argumentation etwas abgewinnen.

          • Quittenbrot@feddit.org
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            20 hours ago

            Darum ist der Anteil für Arbeit und Soziales am Bundeshaushalt bisher auch mit weitem Abstand der größte (mehr als dreimal so viel wie der nächste Posten). Das lassen wir uns also das meiste kosten.

            Ich bin auch nicht mit den explizit 5% verheiratet und halte die primär für Symbolpolitik. Aber so wie bisher kann es eben auch nicht bleiben.

    • ahornsirup@feddit.org
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      2 days ago

      Es ist ja nicht Mal ein 5% Ziel, es ist ein 3,5% Ziel. Die anderen 1,5% gehen in militärisch nutzbare Infrastruktur wie Eisenbahnen, Straßen, Brücken, Häfen, etc.