Ich bin vor Kurzem zufällig beim Twitterkonto von Yanis Varoufakis vorbei gestolpert. Und da habe ich eine Rede gelesen, die er vorm EU-Parlament gehalten hat. Es stand leider nicht da, wer ihn eingeladen hat (hat MERA25 überhaupt Sitze im Parlament?).
In seiner Rede scheint mir mindestens an der Stelle, wo Russland als Gefahr stehen sollte, eine große Lücke zu sein. Den Rest kann ich nicht hinlänglich zureichend bewerten.
Vielleicht kann mir ja jemand von euch helfen, das einzuordnen & mir sagen, ob MERA25 letztlich nur eine weitere Front im russischen Propagandakampf ist.
Ich habe gerade keine Zeit, das ganz zu lesen. Was aber stimmt ist, dass gerade unglaubliche Summen für Militär ausgegeben werden. Und die fließen noch dazu an klassische Militärtechnikfirmen, die Panzer bauen, Kampfjets oder Raketensysteme, während mit die gefährlichsten Waffen der Russen in der Ukraine kleine und im Vergleich spottbilige Drohnen sind.
Auch auffällig ist, dass die realen Ausgaben für Militär die für Klimaschutz bei weitem in den Schatten stellen. Die Militärindustrie ist keine klimafreundliche Veranstaltung, sondern tief verzahnt mit der fossilen Wirtschaft, und insofern steht sie möglicherweise nicht nur Trump sondern auch Putin näher als uns lieb sein kann.
Mit dronen allein gewinnt man aber keinen Krieg. Man braucht immer noch Leute die das eroberte land besetzen und halten.
Dazu kommt noch, dass Drohnen nur so erfolgreich sind, weil bis jetzt noch keine vernünftig skalierenden Abwehrsysteme entwickelt wurden. Kleinstdrohnen als Waffensystem sind noch relativ neu, deswegen steckt ihre Abwehr noch in den Kinderschuhen, aber die wird sich entwickeln und hat sich auch schon entwickelt. Dass beide Seiten des Konflikts inzwischen kabelgesteuerte (in der Regel über Glasfaser) Drohnen herstellen, beweist, dass Störsender gegen funkgesteuerte Drohnen effektiv sind. Das kann allerdings nur in einer Umgebung funktionieren, in der praktisch kein konventioneller Luftkrieg stattfindet, denn ein aktiver Störsender ist ein gefundenes Fressen für eine “radarsuchende” Rakete.
Bei anderen Lenkwaffen (z.B. Raketen, Bomben) hat in der Vergangenheit eine ähnliche Entwicklung stattgefunden. Anfänglich waren die per Funk ferngesteuert. Das hat recht schnell zur Entwicklung von wirksamen Störsendern geführt, was wiederum zur Entwicklung von kabelgesteuerten und nach dem Abschuss autonom intern gesteuerten “fire and forget”-Raketen geführt hat. Bei Drohnen wird es eine ähnliche Entwicklung geben.
Ein anderes Problem sind große “Drohnen”, wie z.B. die iranischen Saheeds, die Russland massenhaft einsetzt. Eigentlich sind das Marschflugkörper für Arme. Die funktionieren, weil sie wesentlich billiger sind und deshalb besser skalieren, als die Flugabwehrraketen, die man anfänglich verwendet hat, um sie abzuschießen. Inzwischen kommt man zu deren Abwehr wieder auf Kanonen zurück (durch ihre niedrige Geschwindigkeit sind die Drohen ein dafür geeigneteres Ziel, als ein moderner Kampfjet oder ein “richtiger” Marschflugkörper), außerdem setzt die Ukraine wohl inzwischen erfolgreich Drohnen zur Drohnenjagd ein.
Das ist für Militärtechnik in einem Land, das nicht auf Kriegswirtschaft umgestellt hat, normal. Und um verteidigungsfähig zu werden, sein und bleiben, sollte man nicht auf Kriegswirtschaft umstellen müssen. Denn dadurch leidet unweigerlich die zivile Produktion, nicht zuletzt dadurch, dass die Hersteller ziviler Produkte auf die Herstellung von Rüstungsgütern umgestellt werden.
Was ich meine, ist dass die Technik entwickelt wurde für einen Konflikt aus dem Jahr 1985. Nicht gegen russische Kleindrohnen.
Gegen die Kleinstdrohnen werden wirksame und skalierbare Abwehrmaßnahmen gefunden werden. Das war bis jetzt bei jedem neuen Waffensystem so.
Ich würde vermuten, dass man zur Drohnenabwehr auf der untersten Ebene einfach militarisierte Schrotflinten kauft. Denn Schießen muss man den Soldaten eh beibringen, und Schrotflinten sind auch in anderen Rollen (Häuserkampf, Überfälle auf Schützengräben) brauchbar.
Schweres Gerät wird wahrscheinlich mit automatisierten Abwehrwaffen ausgestattet werden, vielleicht eine herunterskalierte Version der Nahbereichsverteidigungssysteme, wie sie auf Kriegsschiffen zur Abwehr von Raketen und Flugkörpern eingesetzt werden. Vielleicht auch Laser (die übrigens nur stark genug sein müssen, um die Kameras anfliegender Drohnen zu zerstören) Prototypen für Beides gibt es soweit ich weiß schon.
Drohnenabwehr mittels ferngesteuerter Drohnen funktioniert zwar, skaliert aber schlecht, denn man braucht je abgewehrter Drohne eine Abwehrdrohne mit einem Piloten.
Dass Drohnen mit Funkfernsteuerung verwendet werden, kann man mit einfachen Störsendern unterbinden. Die Störsender müssen nur zahlreich und billig genug sein, dass jeder, der eine radarsuchende Rakete darauf abschießt, ein Verlustgeschäft macht, ohne die Schutzwirkung der Störsender groß zu beinträchtigen.
Billige ferngesteuerte Kleinstdrohnen sind definitiv ein ernstzunehmendes Waffensystem, aber nichts, das sämtliche konventionelle Kriegsführung obsolet machen würde. Die sind eher eine Ergänzung zu konventionellen Waffen und Methoden. Bei den vielfach im Netz herumgeisternden Videos, wo einzelne Soldaten mit Drohnen gejagt werden, ist wahrscheinlich der demoralisierende Effekt größer, als Alles Andere. Bei Drohnenangriffen auf Panzer hätte ich noch kein Video gesehen, in dem nicht eine offene Luke ausgenutzt wird. Dagegen hilft, Luken nicht offenstehen zu lassen, oder alternativ, ein aus Latten und Maschendraht zusammengenagelter Käfig. Große Wirkung haben Kleinstdrohnen hauptsächlich gegen un- oder leichtgepanzerte Fahrzeuge. Die gilt es in einer Umgebung, in der es militarisierte Kleinstdrohnen gibt, mit geeigneter Drohnenabwehr zu schützen.
Wenn du denkst, dass klassische militärische Ausrüstung von Panzern bis Jets in der Ukraine kaum noch eine Rolle spielt, dann fehlt an dieser Stelle so viel militärisches Grundlagenwissen, dass eine Diskussion echt schwer wird.