Im Streit über die Wehrpflicht fordern führende Grünen-Politiker und -Politikerinnen auch aus Hamburg ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für junge Menschen unter 28 Jahren. Dabei soll es neben dem Wehrdienst auch Einsatzmöglichkeiten im sozialen, ökologischen oder kulturellen Bereich geben.
Zwangsarbeit ist auch im sozialen Bereich Scheiße. Man könnte ja verdammt noch mal die Arbeitsbedingungen bspw. in der Pflege verbessern, aber da braucht’s eben mehr als Populismus für.
Ich hab den Zivi gemacht. Ich blicke da auch ambivalent drauf, aber unter Strich war es — glaube ich — eine gute Sache, dass ein Großteil der Bevölkerung soziale Berufe mal von innen gesehen hat.
Für mich war es jedenfalls ein prägendes Erlebnis.
Für mich wäre ein paar Monate Gefängnis oder Zwangsarbeit in der Steingrube sicherlich auch sehr prägend.
Soziale Berufe sind für dich vergleichbar mit Gefängnis oder Steingrube?
Der eingesetzte Zwang ist es. Wenn der freiwillige geringbezahlte Dienst in sozialen Berufen die Leute so viel weiterbringt, sollen sie welche anwerben und sie davon überzeugen.
Naja, das ist leider eines der Probleme. Ein sozialer Dienst der für die Person selbst lehrreich ist, ist leider oft für die Organisation vor allem mit Kosten und Aufwand verbunden, und wenn die Person dann endlich einigermaßen eingearbeitet ist, ist die Dienstzeit vorbei.
Das widerspricht aber dem Grundtenor vom Rest des threads — sind denn die zivis jetzt billige Arbeitskräfte die ausgebeutet werden können, oder behindern sie die eigentlichen Angestellten nur?
Im Übrigen ist Schule auch nur mit Kosten und Aufwand für die Organisation verbunden … ;-)
Nein, denn echte win-win Situationen sind selten insbesondere wenn sie mit massenweisem Zwang verbunden sind. D.h. dann im Umkehrschluss das die meißten einsetzenden Organisationen fast zwangsläufig auf möglichst wenig Aufwand optimieren werden, und dann sind diese Dienste wenig lehrreich und überwiegend Zeitverschwenung für die eingesetzten Personen.
Und ein möglicher Nutzen für die Gesellschaft wird sich auch nicht einstellen, aber zynisch betrachtet geht es ja sowieso nur darum ein Feigenblatt für den Militärdienst zu haben, und wenn der Zivildienst möglich sinnlos und ätzend für die Beteiligten ist, dann gibt es mehr die lieber zur Bundeswehr gehen…
Ja, es ist ein OR, kein XOR - sie können auch beides sein. Billig für den Arbeitgeber, der damit Lohnkosten drückt und eventuell sogar weniger Fachkräfte anstellt. Und “behindern” im Sinne von es muss Zeit und Mühe in eine Ausbildung gesteckt werden, aber der große Ertrag dieser bleibt aus, weil sie zu dem Zeitpunkt schon wieder weg sind. Aber da das Zeit des Angestellten ist, juckt das den Arbeitgeber doch nicht.
Solange niemand daraus Gewinn schlägt juckt mich das Zwangsarbeit Argument herzlich wenig. Ich fände es gut wenn alle Menschen mal ne Zeit für die Gemeinschaft schaffen. Ist unheimlich lehrreich, ich würde es fast schon als ein Jahr zusätzliche Schulpflicht ansehen nur dass man halt gezwungen ist was übers miteinander zu lernen und aus der eigenen Bubble zu kommen. So mancher BWL-Christian wäre evtl eher geneigt Pflegearbeit etc als vollwertig anzuerkennen.
Das Argument dass es unfair wäre weil irgendwer in der Vergangenheit das nicht musste sollte uns nicht aufhalten da man auf dieser Grundlage immer in Gestern bleibt.
?? Machen sie aber. Zivis waren schon damals billigste Arbeitskräfte. Weiß ich, weil ich einer war.
Ich würde argumentieren, dass ein Pflegeberuf nicht “für die Gemeinschaft” ist. Jeder Job der von einer privaten Firma entlöhnt wird, ist für den Arbeitgeber. Jobs für die Gemeinschaft wären vielleicht Arbeiten auf der (politischen) Gemeinde (dt.: Kommune) wie die Hauswartung oder Landschaftspflege. Und natürlich freiwillige Engagements in Clubs und Vereinen, vielleicht auch politische Ämter auf Gemeindeebene.
Zumindest ist das der Vorschlag beim Gesetz über das wir in der Schweiz abstimmen nächsten Monat.
Pflege wäre sehr wohl Dienst für die Gemeinschaft, wenn wir wieder zu einem vernünftigen öffentlichen Gesundheitssystem zurückkehren würden. Der Betrieb von Krankenhäusern war mal eine Aufgabe der öffentlichen Hand, genauer gesagt der Landkreise. Pflege wäre für mich wie Katastrophenschutz, Naturschutz und Militär ein Kernbereich eines solchen Gesellschaftsdienstes. Solange aber dieser neoliberale parasitäre Irrsinn das Gesundheitswesen dominiert hast Du leider völlig recht.
Komme aus der Schweiz, vlt haben wir unterschiedliche Ausgangslagen. Was ich nicht möchte, dass Betriebe gratis Arbeitskräfte erhalten, dafür weniger regulär Angestellte haben und so mehr Gewinne machen. Das wäre das Schlimmste. Dann noch lieber eine Zwangs-Arbeit, bei der ich vom (z.B. Spital) einen branchenüblichen Gehalt erhalte, plus einen kleinen Beitrag meines regulären Arbeitgebers.
gratis Arbeitskräfte für die freie Wirtschaft geht natürlich nicht!
?? Machen sie aber. Zivis waren schon damals billigste Arbeitskräfte. Weiß ich, weil ich einer war.
Kann man ja politisch gestalten, oder was spricht dagegen? Ich hab meinen Dienst in einer kulturellen Einrichtung getan, die Arbeitszeit die da reingeflossen ist hätte die Einrichtung sonst einfach nicht zur Verfügung gehabt.
Edit: jetzt wüsste ich aber schon gerne was dagegen spricht Profit auszuschließen in der dementsprechenden Gesetzgebung? Das ist doch eine adäquate Antwort auf das Problem das real bestand (und auch beim BFD in Teilen immer noch besteht)?
Weil wir es dann nicht mehr einführen müssten, weil am Ende immer jemand profitiert, sobald in einer kapitalistischen Organisation gearbeitet wird. Blieben nur noch einige Vereine übrig und die suchen in der Regel eher Leute mit den gleichen Überzeugungen.
Das Problem damit ist, dass diese Stellen mit einem endlosen Nachschub an Arbeitern klarkommen müssen, die nicht motiviert sind, quasi nach dem Anlernen schon wieder weg sind und trotzdem mit dem nötigen Equipment vorsorgt werden müssen, um überhaupt arbeiten können.
Das erzeugt meist alles nur unnötige Kosten und Mehrarbeit, die am Ende keinem etwas bringen.
Es gibt genug Handlangertätigkeiten, die minimale
AusbildungAnleitung brauchen (Mülleimer ausleeren, Kehren, Rasenmähen und Heckenschneiden kann jeder Depp, muss aber trotzdem gemacht werden), außerdem war es in der Vergangenheit durchaus üblich, Leute erst nach ihrer Berufsausbildung einzuziehen und die entsprechend zuzuteilen, da hatte man also schon qualifizierte Leute.Aber ich meine, auf der anderen Seite sind dann halt die Putzdienste und GaLa-Bauer ohne Aufträge. Deren Angestellten (potentiell die von dir so liebevoll “Deppen” genannten Menschen von damals) sind dann auf dem Amt. Da bekommen sie dann von Friedrich Merz erzählt, dass sie faul sind und schon einen Job finden werden, wenn man sie nur noch ein bisschen mehr peitscht.
Und dann bekommt man nicht mal mehr einen Arzttermin
wegen die Ausländer, weil der neue Arzt statt zu studieren in seinem Zwangsdienst gerade Mülleimer leert, fegt und Hecken schneidet.Und? Sind öffentliche Einrichtungen dafür da, private Firmen mit Aufträgen zu versorgen?
Ganz komisch, dass man in der Zeit vor der Aussetzung des Wehr- und damit auch des Zivildienstes viel leichter Arzttermine bekommen hat, als jetzt. Kann es sein, dass das gar nichts damit zu tun hat?
Irgendwie scheinen die Leute, die da einen Dienst leisten sollen, eh Schrödingers Dienstverpflichtete zu sein. Gleichzeitig die ach wie hoch qualifizierten Fachkräfte, die wir auf keinen Fall der Gesellschaft für ein Jahr vorenthalten können, und die unqualifizierten Deppen, die so unfähig sind, dass sie nicht mal einfachste Handlangertätigkeiten verrichten können, ohne die Einrichtung dabei immensen Geld- und Personalaufwand zu ihrer Betreuung und Anleitung zu kosten.
Sag doch einfach, dass Du keinen Bock hast auf irgendeinen Dienst für die Allgemeinheit, statt hier abstruse Argumente aufzubauen.
Das ist volkswirtschaftlich grundlegend sehr wichtig, ja 😅. Und irgendwie ist es doch besser, der Staat bezahlt für diese Aufgaben ein Gehalt, als eine riesige Maschinerie dafür zu betreiben, irgendwen zu zwingen?
Schließt sich ja nicht aus. Vielleicht ist ja jemand, der richtig Bock auf Elektrotechnik hat, halt einfach ein denkbar schlechter Gärtner ¯\_(ツ)_/¯
Und das Vorenthalten: vor einigen wenigen Jahren war es ach so wichtig im ganzen Land die Schulzeit um ein Jahr zu verkürzen, damit alle bloß schnell arbeiten gehen können. Und statt das Jahr Bildung zurückzugeben sollen die Leute jetzt lieber Hecken schneiden?
Du, persönlich bin ich davon gar nicht mehr betroffen. Bin zu alt um gezwungen zu werden und außerdem fein raus, weil ich Wehrdienst geleistet haben. Funnily enough bin ich v.a. dagegen, weil ich in meinem Ehrenamt früher Zivis in der Geschäftsstelle hatte und heute BuFdis. Ich verrate dir, wen ich lieber da hatte: die Leute, die freiwillig in den dunklen Wald ziehen, da ein Jahr quasi ohne Internet leben und Kinder und Jugendliche bespaßen.
Ach, und es ist halt Zwangsarbeit. Finde ich grundsätzlich eher doof.
Das Jahr Bildung ist doch längst zurückgegeben
https://de.wikipedia.org/wiki/Abitur_nach_der_zwölften_Jahrgangsstufe
Naja, geht so, schau doch mal in die Tabelle direkt darunter. Viele Länder bleiben noch bei G8 im Gymnasialzweig, die Reform ist nur für Gesamt-, Real- und Hauptschulen flächendeckend zurückgedreht.
Auf jeden Fall war das damals immens wichtig, sonst Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig, buhuu. Aber jetzt sollen laut dem Vorschlag hier alle sinnlos ein Jahr Hecken schneiden.