Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier fordert seit Längerem ein soziales Pflichtjahr für alle. Jetzt hat er seine Idee weiter präzisiert.

  • lichtmetzger@discuss.tchncs.de
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    1 month ago

    Wirkt ziemlich polemisch und nicht gut durchdacht. An sich wäre ich gar nicht mal dagegen, selbst ein Pflichtjahr zu leisten (wurde ausgemustert und musste das nie machen), aber wie soll das funktionieren? Ich habe gerade einen sehr gut bezahlten Job und bin daher auch in einem teuren Lebens- und Wohnverhältnis “gefangen”.

    Ich kann diese Arbeit jetzt nicht einfach ein Jahr pausieren und irgendwo für einen Hungerlohn soziale Arbeit leisten. Selbst wenn ich im Pflichtjahr das gleiche Gehalt bekäme, würde das ein Jahr Stillstand bedeuten. Dieser Wissensverlust ist in der IT nicht gerade unbedeutend, die Welt dreht sich schließlich diese 365 Tage weiter. Für meinen Arbeitgeber würde das auch bedeuten, dass sie erstmal keinen Programmierer mehr haben, was beim aktuellen Fachkräftemangel jetzt auch nicht gerade ein kleines Problem ist.

    Denkbar wäre vielleicht ein Modell, bei dem man in Teilzeit geht und in den frei gewordenen Stunden sozialen Pflichtdienst absolviert. Aber ein vollständiges, komplettes Pflichtjahr für jeden ist in meinen Augen so einfach nicht machbar. (To be fair, vielleicht ist das ja auch das, was er eigentlich meint, immerhin spricht er von einer “Pflichtzeit” und nicht, dass diese am Stück geleistet werden muss.)

    • RanzigFettreduziert@feddit.org
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      1 month ago

      Ginge mir ähnlich, wenn ich ein Jahr nicht als Fahrdienstleiter arbeiten würde, würde ich die Berechtigung zum Fahrdienstleiter und sämtliche Stellwerke verlieren.

    • trollercoaster@sh.itjust.works
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      1 month ago

      Gab es auch zu Zeiten der Wehrpflicht. Denn für einen Großteil der Hilfsorganisationen ist es nicht nur nicht hilfreich, sondern sogar maximal kontraproduktiv, wenn da jemand für ein kurzes Jahr kommt und dann wieder weg ist. (Kosten für persönliche Ausrüstung, Aufwand für rudimentäre Ausbildung, mit der man fast nichts machen kann) Außerdem sind die eh größtenteils ehrenamtlich, also gar nicht so aufgestellt, dass die jemanden unausgebildeten in Vollzeit brauchen können. Dementsprechend war der Ersatzdienst dort so ausgelegt, dass man sich halt über einen längeren Zeitraum dienstverpflichtet hat und in der Summe auf die gleiche Stundenzahl kam, wie Leute, die einen Dienst in Vollzeit geleistet haben. Zu meiner Zeit (in den frühen 2000ern) waren das insgesamt 7 Jahre, mit Übungsdienst an einem Samstag im Monat und darüber hinaus noch 120 Pflichtstunden im Jahr. Das war mehr als machbar und würde ich jederzeit wieder machen. (bzw. mache ich eigentlich immer noch nur eben nicht mehr verpflichtet sondern ehrenamtlich)

    • kossa@feddit.org
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      1 month ago

      Disclaimer: Ich finde die Idee dumm.

      Aber man könnte ja um solche Restriktionen herum arbeiten: Arbeitgeber werden verpflichtet, das Gehalt weiterzuzahlen. Ausgleichstöpfe für KMUs, wie bei Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

      Skills nutzen: du könntest ja in der Zeit in deinem Feld arbeiten, nur halt für öffentliches Gemeingut. Bibliotheken bekommen sinnvolle IT, Vereine Websites. Anwälte vertreten pro bono arme Menschen und NGOs, Handwerker bauen und reparieren Kindergärten und Schulen usw. usf. Als erstes Projekt bauen die verpflichteten ITler eine sinnvolle Plattform, auf der man das Matching herstellt. Abrechnung von Projekten mittels so etwas wie ECTS Punkten, bis das Jahr vorrüber ist. High Achiever kriegen noch einen Bonus, Rentenpunkte oder wasweißich.

      Aber insgesamt finde ich trotzdem, dass man über die moralischen Aspekte solcher Zwangsarbeit entscheiden sollte, und nicht über solche, ich nenne sie mal technische Details.

    • Goldholz @lemmy.blahaj.zone
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      1 month ago

      Ist bei mir ähnlich. Nen okay bezahlten Job, aber mit dem halte ich mich und meinen Partner (der sonst weil sein Job nicht das “Lebenserhaltungsminimum” abdeckt, ohne mein Einkommen zurück nach England abgeschoben werden würde) über wasser!

      Und ich und er kommen von ganz unten ;-;

    • birne@feddit.org
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      1 month ago

      Gegen den Wissensverlust konnte man das Jahr am Ende der Karriere machen. Dann hört man nicht mit 67 auf und geht direkt in den Ruhestand, sondern beginnt mit 66 das Pflichtjahr, falls man es nicht vorher erledigt hat.