Menschen unterschätzen systematisch die Bereitschaft anderer, aktiv zum Klimaschutz beizutragen und das Thema ernst zu nehmen. Das zeigen aktuelle weltweite Studien.
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Verzerrte Wahrnehmung der Mehrheitsmeinung
2024 haben die Forscherinnen und Forscher ihre Studie dazu in der Fachzeitschrift “Nature Climate Change” veröffentlicht. Für die Studie haben sie knapp 130.000 Menschen in 125 Ländern befragen lassen und haben ihnen folgende zwei Fragen gestellt:
- Wären Sie bereit, jeden Monat ein Prozent Ihres Einkommens für den Kampf gegen die Erderwärmung herzugeben?
- Was schätzen Sie, von 100 befragten Menschen in Ihrem Land: Wie viele geben an, dass sie dazu bereit sind?
Das Ergebnis: 69 Prozent der Menschen weltweit antworten, dass sie bereit wären, einen Teil ihres Einkommens für den Klimaschutz herzugeben. Und sie schätzen den Anteil der Mitmenschen, die dazu bereit wären, im Schnitt auf 43 Prozent.
Anders ausgedrückt: Mehr als zwei Drittel sind nach eigenen Angaben bereit, den Kampf gegen die Klimaerwärmung mitzutragen - gehen aber davon aus, dass insgesamt deutlich weniger als die Hälfte der Menschen dazu bereit sind. Eine Fehleinschätzung um ganze 26 Prozentpunkte.
Problem ist halt, dass man dann auch die entsprechenden Parteien wählen muss (wenn man nicht direkt spenden will). Offensichtlich ist den meisten Leuten Klimaschutz nicht so wichtig wie Umverteilung nach oben und blanker Rassismus.
Davon abgesehen sind 1% des Einkommens recht wenig, zumindest solange die oberen 0,1% nicht mitmachen. Überhaupt ein Klimaschutz-Projekt zu finden, das wirklich substantiell etwas verändert und nicht so designt ist, dass es sogar zu noch mehr Emissionen führt (z.B. ein Großteil der Baumpflanzprojekte), ist gar nicht so leicht.
Problem ist halt, dass man dann auch die entsprechenden Parteien wählen muss (wenn man nicht direkt spenden will). Offensichtlich ist den meisten Leuten Klimaschutz nicht so wichtig wie Umverteilung nach oben und blanker Rassismus.
Ich denke, da spielen Desinformation und Überzeichnen wirklicher und aber auch vermeintlicher Nachteile eine große Rolle. Leider wird das von Politik und Medien noch befördert.
Überhaupt ein Klimaschutz-Projekt zu finden, das wirklich substantiell etwas verändert und nicht so designt ist, dass es sogar zu noch mehr Emissionen führt (z.B. ein Großteil der Baumpflanzprojekte), ist gar nicht so leicht.
Das halte ich für Unsinn. Schon ein Tempolimit führt doch zu CO2-Einsparungen, bei vernachlässigbaren Kosten. Ebenso z.B. Wärmedämmung oder Förderung des ÖPNV und Zugfernverkehrs.
Wenn man sich ansieht, was ein Monatsticket so kostet, und dann bedenkt, dass nur sehr wenige ÖPNV-Unternehmen ohne große Zuschüsse auskommen, sind die 30-40€, die jemand mit durchschnittlichem Vollzeiteinkommen bezahlen würde wenn er 1% seines Einkommens in Klimaschutz investiert, halt recht offensichtlich nicht ausreichend. Richtige Wärmedämmung für Haus oder Wohnung gibts auch nicht für 40€/Monat. Diese ganzen Bau- und Umbaumaßnahmen kosten massiv Geld - langfristig spart man mit vielen dieser Maßnahmen natürlich wieder Geld, aber das dauert halt recht lange.
Sowas wie ein Autobahn-Tempolimit ist mMn eine andere Kategorie, da die Kosten vor allem darin bestehen, dass die Leute ihr Verhalten stärker einschränken. Viele würden mit Freuden 40€ im Monat bezahlen, um auf der Autobahn 180 statt 120 fahren zu dürfen.
Wenn man sich ansieht, was ein Monatsticket so kostet, und dann bedenkt, dass nur sehr wenige ÖPNV-Unternehmen ohne große Zuschüsse auskommen, sind die 30-40€, die jemand mit durchschnittlichem Vollzeiteinkommen bezahlen würde wenn er 1% seines Einkommens in Klimaschutz investiert, halt recht offensichtlich nicht ausreichend.
Wenn derjenige U-Bahn statt Auto fährt, spart er aber Geld, denn von 40 Euro im Monat kann man kein Auto bezahlen. Dazu kommen öffentliche Kosten fürs Auto, die noch mal etwa genau so hoch sind wie die privaten Kosten. Letztlich hat mal also schon Geld in der Hand, wenn man nur auf die Subventionierung unzeitgemäßer fossiler Techniken verzichtet.
Eine U-Bahn-Strecke zu bauen ist sehr teuer und dauert ziemlich lange. Langfristig rechnet sich das vielleicht (in den meisten Fällen wären Straßenbahnen und Busse sinnvoller), aber wie lange würde es dauern, bis eine Stadt kraft ihrer 1%-Steuer eine U-Bahn-Strecke finanziert und gebaut hätte?
Letztlich hat mal also schon Geld in der Hand, wenn man nur auf die Subventionierung unzeitgemäßer fossiler Techniken verzichtet.
Das ist aber eine andere Geldquelle, die so überhaupt nicht Teil der Frage war.
Eine U-Bahn-Strecke zu bauen ist sehr teuer und dauert ziemlich lange.
Stadtautobahnen zu bauen wie die A100 in Berlin ist noch wesentlich teurer. Und wenn man wirklich kosteneffizient vorgehen will, baut man zuerst gute Radwege und Fahrradschnellwege, die ein Bruchteil dessen kosten - und auf Strecken bis zehn, fünfzehn Kilometern die vergleichsweise teure U-Bahn massiv entlasten.
Dass Klimaschutz zu teuer sei, ist ein Narrativ und eine Desinformationsstrategie der fossilen Industrie. Man kann das gut im Nachhinein an Feldern wie Stromerzeugung, Wärmedämmung oder Wärmepumpen sehen, während es aktuell bei ÖPNV, Radwegen und Elektroautos vorgebracht wird.
Welchen Teil von “langfristig günstiger, kurzfristig enorme Investitionen” in meinen Kommentaren hast du nicht verstanden?
Die Kosten über die Lebensdauer der Investition zu verteilen ist doch die einzig vernünftige Rechenweise? Anders wären doch Dinge wie Autos oder Wohneigentum niemals finanzierbar oder wirtschaftlich? Warum soll man bei Autobahnen und, ahem, Großflughäfen in solchen langfristigen Investitionen rechnen aber bei Radschnellwegen, U-Bahnen oder ICE-Trassen nicht?
Ich habe das gepostet, weil in einem anderem Faden die Meinung kommentiert wurde, dass eine Mehrheit Klimaschutz nicht unterstützt. Im Licht dieser Untersuchungen ist das nicht wahr.
Übrigens ist das gar nichts Neues, dass Menschen zu kollektiven Veränderungen bereit sind, die allen nützen, auch wenn diese Zeit, Geld, und Mühe kosten. Ein Beispiel aus der Geschichte: Im 19. Jahrhundert kam es in Europa etliche Male zu verheerenden Cholera-Pandemien, die wie z.B. in Hamburg 1892 zu Hunderten von Toten führten und das öffentliche Leben und wirtschaftliche Aktivitäten zum Erliegen brachten.
1851 wurde erkannt, dass ein Bakterium der Auslöser war. Damit wurde auch klar, dass einerseits Impfungen helfen, andererseits aber vor allem bessere Trinkwasserhygiene und Abwasserentsorgung und -Reinigung. Bis dahin haben die Leute nämlich den Inhalt ihres Nachttopfs einfach aus dem Fenster auf die Strasse gekippt. (Prost!)
Als Gegenargumente gegen diese Trinkwasserhygiene kann man alles anführen, was heute gegen die Maßnahmen zum Klimaschutz immer wieder gesagt wird: Es ist kostet Geld, es macht Umständen, man muss bequeme Gewohnheiten verändern, es erfordert insbesondere teure bauliche Maßnahmen, und es nützt dem Einzelnen erst mal nichts.
Zum Glück für uns haben die Menschen sich damals kollektiv-intelligent verhalten und alle haben kollektiv dazu beigetragen, dass sich die Situation verbessert. Dies wurde auch durch Verordnungen und Sanktionen erreicht, aber vor allem durch Apelle an die Vernunft - natürlich besonders an die Vernunft derjenigen, die Entscheidungsmacht hatten.
Genau so etwas brauchen wir heute auch.
Und warum muss man überhaupt die Vorstellung, dass Menschen zu kollektivem vernünftigen Handeln, auch unter individuellen Opfern, nicht fähig sind, überhaupt richtig stellen? Im Grunde ist das Ideologie. In Wirklichkeit handeln Menschen ständig kollektiv. Wenn man mal das Verhalten bei einer Fußballweltmeisterschaft oder nach Katastrophen wie im Ahrtal betrachtet, haben Menschen sogar oft ein sehr großes Bedüfnis, sich kollektiv zu verhalten, und auch etwas positives beizutragen. Nicht nur appellieren ja gerade die rechten Ideologen und Nationalisten immer an Kollektive, auch die heutigen größeren Unternehmen oder Institutionen wie z.B. ein Krankenhaus sind hochgradig koordinierte und kollektive Organisation erfordernde Gebilde.
Eigentlich haben (viele) dieses “kollektiv-intelligente” Verhalten auch schon während ihrer Lebzeiten erfolgreich erlebt:
- Ozonloch
- Saurer Regen & 1. Waldsterben
- Umgekippte Flüsse wurden ja erfolgreich bekämpft, in den letzten ~50 Jahren.
Es hat sich ja niemand aus individueller Verantwortung heraus ein Auto mit G-Kat gekauft, oder einen FCKW freien Kühlschrank. Da wurde einfach gesagt “Wer keinen G-Kat hat, darf bald nicht mehr fahren, Kühlschränke mit FCKW sind verboten, die Industrie muss Rauchgas entschwefeln und ihre Abwässer klären! Kost’ Geld? Hier die kleinste Violine der Welt für die arme Industrie 😢”.
Ich raff’ nicht, wieso das kollektive Gedächtnis das irgendwie so krass verdrängt hat. Die Umweltkatastrophen der Vergangenheit wurden wegreguliert, das muss mit der Klimakrise halt auch passieren ¯\_(ツ)_/¯
Mein Erklärungsversuch ist, dass wir real in einem System leben, das formell eine Demokratie ist, aber so stark von Propaganda der fossilen Industrie, Desinfornation, und auch Korruption in der Politik bestimmt wird, dass Entdcheidungen krass gegen unsere kollektiven Interessen zustande kommen.
Ein Bereich, wo das übrigens ganz ähnlich war, war das Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen und Gaststätten.
Ja gut, ich bin auch jederzeit bereit in einen … wie könnte sowas genannt werden … Klimafond, vielleicht … beizutragen, aber irgendwie beschleicht mich der Verdacht, das Geld könnte zweckentfremdet werden. Vielleicht bin auch zu pesimistisch.
Erzähler
aber irgendwie beschleicht mich der Verdacht, das Geld könnte zweckentfremdet werden. Vielleicht bin auch zu pesimistisch.
Aber da geht es wieder um die Politik, die gegen!! das arbeitet, was die Mehrheit der Menschen tatsächlich will.
Weil Menschen eben gegen sich selbst wählen 🤷 Kannste nix machen.
Diese Umfragen haben elementare Schwächen. Die wichtigste: Worte vs. Taten.
Vor vielen Jahren wurde auch gefragt, wie die Bereitschaft in Deutschland sei, bzgl. Energiewende und Klimaschutz mehr für Strom zu zahlen. Eine deutliche Mehrheit war dafür. Dennoch: Als der Strom tatsächlich durch Abgaben teurer wurde, gab es spürbar Widerstand.
Monokausal ist das nicht, denn bspw. könnten wir fragen: Sind die bereit, mehr für Klimaschutz zu machen und auch dabei zu bleiben und sich nicht von Rechtspopulisten und Bildzeitung manipulieren zu lassen?



