cross-posted from: https://feddit.org/post/22096828

Interessanter Aspekt zur Anbindung des ländlichen Raums.

Oft wird gesagt, dass “auf den Land” die Entfernungen einfach zu groß sind, um ohne Auto auszukommen. Wie die Statistik zeigt, sind die nächsten Zentren jedoch für 97% der Bevölkerung gut zu erreichen.

In Wirklichkeit gibt es zwei Probleme, die ineinander verschränkt sind:

  1. Die Bevölkerung im ländlichen Raum hat sich zu grossen Teilen mit einem eigentlich suburbanen Lebensstil eingerichtet, bei dem aufgrund der Bequemlichkeit des Autos täglich sehr große Entfernungen zwischen Städten und Wohnorten zurück gelegt werden, im Stil eines “American Way of Life”. Der ist aber nicht nachhaltig und nur mit massiven öffentlichen Ausgaben für Strasseninfrsstruktur finanzierbar - siehe A100 in Berlin.
  2. Als Folge davon ist der öffentliche Nahverkehr und Regionalverkehr völlig unterentwickelt, so dass auch notwendige tägliche Wege im Nahraum nicht mehr zeiteffizient bewältigt werden können.

Man wird nicht eines dieser Probleme lösen können, ohne das andere zu beackern. Das ist ganz so wie in der Medizin, wenn ein Krankheitsbild sich in einem Syndrom äußert, in dem sich mehrere Probleme in Teufelskreisen gegenseitig verstärken: Wenn jemand unter Bewegungsmangel, Übergewicht, Kreislaufproblemen und Diabetes leidet, ist der effektive Weg, die einzelnen Teilprobleme jeweils ursächlich zu bekämpfen, um auch die Teufelskreise zu stoppen. Der Patient kann also nicht sagen: “Ach was, solang ich Übergewicht hab, mag ich mich nicht mehr bewegen, da macht ja auch mein Kreislauf Probleme”.

Ebenso kann man die Probleme des ländlichen bzw suburbanen Raums nicht lösen, indem man einfach darauf wartet, bis besserer ÖPNV vom Himmel fällt und sich die Autoabhängigkeit von selber reduziert. Man muss auch diese Abhängigkeit angehen.

Übrigens sind Verkehrspolitik und Klimaschutz voll von solchen so genannten “Wicked Problems”, ineinander verzahnten und verflochtenen Problemen. Zum Teil auch, weil diese Abhängigkeiten, Verschränkungen und Verflechtungen bewusst gefördert wurden, wie beim Rückbau von regionalen Bahnstrecken und ÖPNV. Die Verschränktheit ist also auch eine Strategie, für bestimmte Interessengruppen unerwünschte Veränderungen zu blockieren. Das sieht man an der Agressivität und Vehemenz, mit der gegen mögliche Teil-Problemlösungen wie z.B. beim Radverkehr in Berlin, oder beim Tempolimit auf Autobahnen (das wegen des viel geringeren Energiebedarfs bei reduzierter Geschwindigkeit ja auch eine Förderung von batterieelektrischen Fahrzeugen auf der Langstrecke bedeutet) vorgegangen wird.

  • Lucy :3@feddit.org
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    10 days ago

    *bis 18 Uhr, alle 4 Stunden
    *wenn du zurück willst, musst du den Rückweg vor 17 Uhr planen

  • trollercoaster@sh.itjust.works
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    10 days ago

    Dieses eine gut erreichbare “Mittelzentrum” kann aber auch für den Arsch sein, wenn Verkehrsplaner denken, wenn der dortige Bahnhof einigermaßen erreichbar wäre, wäre der Käse gegessen und Alles gut. Wenn man Pech hat, kommt man, dort angekommen, nicht mal innerorts mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut irgendwo hin. Die Sachen, wo man wirklich hin muss (in der Regel Gewerbegebiete, denn dort sind die Geschäfte, wo man was kaufen kann, oder die Firmen, wo man arbeitet, um das Geld zum Einkaufen zu haben) sind oft beschissen mit ÖPNV zu erreichen. Noch lustiger wird das, wenn man im Zonenrandgebiet zwischen verschiedenen Verkehrsverbünden lebt, denn dann kann es sein, dass es nicht mal nen einzigen beschissenen Bus ins 2 Minuten Fahrzeit entfernte Nachbarkaff gibt, das aber dann selbst wieder sehr gut an “sein” “Mittelzentrum” angebunden ist, wo man eigentlich hin will.

    • HaraldvonBlauzahn@feddit.orgOP
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      9 days ago

      Nun, ich habe ja schon im Post Kommentar geschrieben, dass man sich da in einem Teufelskreis befindet aus Zersiedlung, unzureichender ÖPNV Infrastruktur, und einer Lebensweise die auf dem ständigen Zurücklegen grosser Entfernungen zwischen Wohngebieten und Städten basiert und somit eine ganz starke Abhängigkeit (nicht nur physisch sondern auch mental) vom Auto schafft - das, was als “Leben auf dem Land” bezeichnet wird aber eigentlich “Suburbia” genannt werden müsste. Und das kann nur durch gezielte Interventionen umgekehrt werden, die ganzheitlich an vielen Stellen der Teufelskreise ansetzen.

      Und da ist eben nicht nur das Problem, dass die Landbewohner es sträflich unterlassen, ihren Volksvertretern auf die Zehen zu treten dass sie vernünftigen ÖPNV einrichten.

      Sondern viele wollen es gar nicht anders.

      Beispiel: Bürgerinitiativen gegen Buslinien wie in Alling / Eichenau zwischen München und Fürstenfeldbruck. “Nachher ziehen hier noch Leute hin, die kein Auto haben!!”

      Hier übrigens die Lage dieser Strasse. Man kann sich die Strasse auch auf Google Maps anschauen.

  • j5906@feddit.org
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    10 days ago

    Laut Statista ist der Urbanisierungsgrad in Deutschland bei ca. 78%, also wundert einen das kaum.

    Gleichzeitig kommt bei jeder Debatte zum ÖPNV der Kommentar “AbEr iCh lEBe auF deM LaNd”, ja schön für dich, aber die meisten leben in oder nahe Städten und die schreiben dir auch nicht den Ausbau deiner Landstraße von Buxtehude nach Kleinunwichtig ab, nur weil sie die selbst nie benutzen werden.

    Sind dann laut gegenüber jedem Ausbau Projekt und begründen das damit, dass der Bus bei ihnen so selten hält, ja komisch warum nur?

    ÖPNV ist Kommunismus, aber vergünstigter Agrardiesel und Landstraßen bis vor ihre Haustüre sind ein völlig legitimer Anreiz.

    Wollen selbst in einen verkehrsberuhigten, günstigen Wohnraum mit sauberer Luft, in dem man die Vögel zwitschern hört, leben, aber dieses Recht jedem Stadtbewohner nehmen: “diese Fahrradstraßen und wenige Parkplätze sind Diskriminierung von uns Landleuten [die hier garnicht wohnen]” (Dieter, 57, wohnt 10 Fahrradminuten von einer S-Bahn Station entfernt)

    • gigachad@sh.itjust.works
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      10 days ago

      Ich bin selber Großstädter und Fahrrad-Ultra, aber ich glaube du solltest mal ein bisschen raus kommen und dich mit Menschen unterhalten. Du pauschalisierst sehr stark und ich finde deine Art ein wenig herabwürdigend. Auch wenn die sozialen Medien das suggerieren, ist die Gesellschaft keinesfalls in ÖPNV-Kommunisten und Agrardiesel-Dieter polarisiert.

      • j5906@feddit.org
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        9 days ago

        Ist natürlich ein bisschen überspitzt formuliert gewesen, aber lass es mich erklären:

        Ich komme raus, unterhalte mich mit Menschen und grade deswegen weiß ich, dass das nicht nur in Kommentarsektionen von sozialen Medien passiert, das passiert real, z.B. letzte Woche:

        Ludwigsburg stoppt Bahnprojekt

        aus derselben Stadt:

        Fahrer rast 2 Menschen tot

        Ludwigsburg ist eine mittelgroße Stadt nahe Stuttgart, der Kern ist ganz ok angebunden, das Umland nicht. Eine Straßenbahn hätte das ändern können. Für eine gefühlt 10 Spuren breite Stroad und viele Tunnel ist natürlich Platz, viele Parkhäuser und trotzdem ist dort jeden Tag Stau, Verkehrschaos, schlechte Luft, Autos parken auf den wenigen Geh- und Radwegen.

        Projekte dieser Art werden regelmäßig gestoppt, in kleinen und großen Städten, in abgelegenen 10 Seelen Dörfern, aber auch in gut erreichbaren Vororten. Niemand verlangt, dass das 10 Seelen Dorf eine halbstündliche ICE, Regio, S und U-Bahn Verbindung bekommt, hey vielleicht ist sogar ein 2 stündiger Bus dort zu viel. Aber wie in dem Ausgangsartikel erwähnt haben wir harte Zahlen, dass die meisten eben doch irgendwie abgeholt werden können. Lass es 90% sein oder nur 60% keine Ahnung. Aber das eine entlegene 150 Personen Dorf wird IMMER bei Projekten zum Ausbau von ÖPNV selbst noch in 150.000 Menschen großen Städten herangezogen. Aber nie bei der Frage ob das selbe Dorf eine Straße bekommen soll. Das sind reale Diskussionen, die erst letzte Woche von Politikern vorgetragen wurden. Um ein reales Projekt zu stoppen.

        Wir wissen, dass der Autoverkehr für die Gesellschaft nicht so billig ist, wie er zuerst erscheint, wir wissen, dass das Auto das tödlichste Vekehrsmittel ist und wir wissen, dass ÖPNV deutlich Energie- und Platz-effizienter ist.

        Deswegen ist so wichtig, das kristallklar darzustellen und das “aber ich lebe auf dem Land” u.ä. Argumente nicht durchgehen zu lassen. Vielleicht sollte ich nächstes mal nicht so scharf/überspitzt formulieren. Andererseits führt der “beide-Seiten-Ansatz” immer zu all dem, was der Ludwigsburger Verkehr jetzt ist: Laut, dreckig, gefährlich, teuer und nicht einmal als Auto-Fan genießbar und das trotz der Tatsache, dass alles darauf ausgerichtet ist.

        Empirisch belegt ist die Niederlande heute nicht das Vorzeigemodell für Transport, weil die Rücksicht auf die lauten 150 Dorfbewohner genommen haben und deswegen nicht den Fahrradweg in der Stadt daneben gebaut haben. Die sind auf die Straße gegangen, haben diese blockiert, bei ihren Ministern zuhause aufgekreuzt und eindeutige Argumente wie “Stop de Kindermoord” vorgetragen. Das hat damals und tut aktiv immer noch Leben retten. Und dort frägt niemand “was hatte sie an, als sie überfahren wurde” wie z.B. hier.

    • DekkiaA
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      10 days ago

      Ich glaube teil des problems ist, dass Dieter und Renate (Wohnt in 150-Seelen Dorf bei dem sich die ÖPNV-Anbindung selbst dann nicht lohnen würde wenns ausnahmslos alle nutzen würden) beide behaupten sie leben auf dem Land.

      Da kommt dann zusammen was nicht zusammen gehört und verwässert die Diskussion.

    • HaraldvonBlauzahn@feddit.orgOP
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      9 days ago

      Gleichzeitig kommt bei jeder Debatte zum ÖPNV der Kommentar “AbEr iCh lEBe auF deM LaNd”, ja schön für dich, aber die meisten leben in oder nahe Städten und die schreiben dir auch nicht den Ausbau deiner Landstraße von Buxtehude nach Kleinunwichtig ab, nur weil sie die selbst nie benutzen werden.

      Oder Bürgerinitiativen gegen Buslinien wie in Alling / Eichenau zwischen München und Fürstenfeldbruck. “Nachher ziehen hier noch Leute hin, die kein Auto haben!!”

      Hier übrigens die Lage dieser Strasse. Man kann sich die Strasse auch auf Google Maps anschauen.

  • DrunkenPirate@feddit.org
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    9 days ago

    Alter Schwede, was für ein demagogisches Pamphlet, das von Vorurteilen und Herabwürdigungen trotzt. Einer Öko-AfD würdig.

    Nur mal so am Rande: Fahrzeit 20 Min mit dem Auto in nächste Zentrum, bedeutet: Autotüre auf, reinsetzen, losfahren, ankommen, Parkplatz suchen, aussteigen

    Fahrzeit 30 min mit dem ÖPNV ins nächste Zentrum bedeutet: Losgehen zur Haltestelle, Warten auf ÖPNV (man kommt ja früher als nach Tetminplan), reinsetzen, losfahren, ankommen, aussteigen, zu Fuß zum Zielpunkt gehen.

    Fahrzeit Auto 20 min + ca 10 Min Parkplatz und Fußweg = 30 Min

    Fahrzeit ÖPNV 30 min + ca 20 Min Fussweg und Wartezeit + ca. 10 Fussweg = 60 Min

    Mache das jetzt mit 2-3 Zielen am Tag und du merkst deutlich den Unterschied.