Es ist sehr leicht sich auf alle möglichen Arten darüber lustig zu machen
Anwalt: „Wie Kleinlich wollen Sie sich vor Gericht verhalten”
GF: „Ja.”
Zeit für einen provokant-unpopulären Take :) :
Klar, mit ‘Porsche’, ‘Geschäftsführer’ und dieser Spitzen-Argumentation vor Gericht hat der Typ den Wettbewerb der öffentlichen Meinung natürlich direkt komplett verkackt.
Ich glaube aber, dass trotzdem viele, die ihn nun mit berechtigtem Spott übergießen, an seiner Stelle ehrlicherweise ähnlich gehandelt hätten:
Sein komischer Porsche ist ein Teil seiner Vergütung (einen Teil seiner Kohle gibt es vom Arbeitgeber ‘gebunden’ als Rate für den Firmenwagen). Nun fällt dieser weg. Er bekommt also nur noch einen Teil seiner Vergütung. Nun denkt er sich, dass er nicht derjenige sein will, der den Schaden hat, da er ihn nicht zu verantworten hat und verklagt den eigentlichen Verantwortlichen auf Entschädigung. Unsympathisch? Absolut! Geldgeil? Absolut! Aber eben auch nicht exotisch. Viele andere würden ähnlich denken, wenn sie statt 1000€ plötzlich nur noch 500€ bekommen sollen.
Er hat doch einen Ersatzwagen erhalten. Klar, die Autos sind unterschiedlich aber dennoch in einer vergleichbaren Luxusklasse. Der Unterschied trat also vor allem im Kopf des Klägers auf, nicht aber in der Realität.
Wenn er einen ranzigen VW Golf von 2001 bekäme, hätte er dagegen sicherlich erfolgreich vorgehen können. Aber einen Luxus-SUV als Ersatz für einen Luxus-Sportwagen zu bekommen scheint mir durchaus tolerierbar.
Klar, die Autos sind unterschiedlich aber dennoch in einer vergleichbaren Luxusklasse.
Naja, ein DS 3 ist ein 4 Meter langer Mini-SUV, also unterhalb Golf-Klasse mit einem Grundpreis von 30 bis 40k.
Selbst der günstigste Porsche (Macan) ist da min. 2 Fahrzeugklassen drüber und fängt erst bei 80k an.
Vom Wert hat sich dieser Teil seiner Arbeitsvergütung also halbiert. Das Gericht hat entschieden, dass der Unterschied zumutbar ist, aber der Unterschied ist schon da.
Aber, was ich nicht verstehe: der Text liest sich, als habe das Unternehmen für den Ausfall des Porsches einen Ersatzwagen gemietet.
Aber er ist doch GF? Er kann doch entscheiden, welche Autos das Unternehmen anmietet?
Nicht zwingend. Lass ihn Geschäftsführer einer Niederlassung sein, aber die Fahrzeuge kommen zentral von der Muttergesellschaft. Oder er ist nur ein Geschäftsführer von mehreren.
Ich zitiere aus dem Urteil:
Bevor es zu einer Ersatzbeschaffung kam, mietete die A. GmbH für den Zeitraum vom 28. Mai bis 27. Juni 2020 einen Pkw Citroen DS3 CROSS an, der der Klägerin bzw. N. zur Nutzung überlassen wurde. Die Klägerin machte die Mietwagenkosten gegenüber der Beklagten geltend. Die Beklagte zahlte hierauf einen Betrag von 286,66 €, da sie eine Mietzeit von lediglich 15 Tagen anerkannte. Die Klägerin machte zunächst weitere Mietwagenkosten geltend, verlangte dann aber von der Beklagten anstelle der Mietwagenkosten die Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für 23 Tage in Höhe von 4.025 € (175 € pro Tag) abzüglich der gezahlten Mietwagenkosten, mithin 3.738,34 €. Die Beklagte lehnte die Zahlung ab.
Es ging nie darum, dass GF Schickhose nun auf Ewigkeit einen Citroën (PFUI!) fahren muss, als sei er ein ungewaschener Geringverdiener. Es ging um den Übergangsmietwagen bis (mutmaßlich) ein neuer Porsche beschafft werden konnte.
So wie ich das lese wollte die Klägerin (Arbeitgeberin von Herrn Schickhose) mehr Geld für die Mietkosten von der Beklagten (mutmaßlich die Versicherung des Unfallverursachers) haben, als diese anrechnen wollte.
Letztlich haben sich hier ein Unfallgegner und eine Versicherung um die Höhe! einer Erstattung gestritten. Ob das hier angesprochene Instrument der Nutzungsausfallentschädigung jetzt von Herrn Schickhose, der Firma oder einem gewieften Anwalt gekommen ist, wissen wir auch nicht. Letztendlich ist das hier brutal langweiliger Klagealltag in Deutschland.
Arbeitgeber
Eigentlich ist der sogenannte Arbeitgeber der Arbeitnehmer und der sogenannte Arbeitnehmer der Arbeitgeber.
Es ging nie darum, dass GF Schickhose nun auf Ewigkeit einen Citroën (PFUI!) fahren muss, als sei er ein ungewaschener Geringverdiener. Es ging um den Übergangsmietwagen bis (mutmaßlich) ein neuer Porsche beschafft werden konnte.
Das habe ich auch nicht behauptet. Aber auch für diese Übergangszeit verliert er einen Teil seiner Vergütung durch Ausfall des Fahrzeuges. Wie er dabei allerdings für die Differenz zwischen Porsche und Citroen auf 175€ pro Tag kommt, erschließt sich mir nicht so wirklich. Aber dem Gericht ja offenbar ebenfalls nicht :)
Aber auch für diese Übergangszeit verliert er einen Teil seiner Vergütung durch Ausfall des Fahrzeuges.
Das ist tatsächlich ein interessanter Ansatz! Und mit dieser Argumentation, dass der GF eine geldwerte Einbuße (=Schaden) durch den Ersatzwagen bei seinem Einkommen hat, hätte der GF vielleicht auch eine Chance auf Schadensersatz gehabt.
Da ist allerdings viel prozessual gelaufen (wer kann eigentlich den Anspruch rechtlich geltend machen) und es ging hier um Mietwagenkosten vermischt mit Nutzungsausfall.
Wie er dabei allerdings für die Differenz zwischen Porsche und Citroen auf 175€ pro Tag kommt, erschließt sich mir nicht so wirklich.
175€ sind der (pauschale) Tagessatz für Nutzungsausfall bei Fahrzeugen, die in die höchste Klasse (A - kleine Schrottmöhre bis L - Luxussegment gegliedert) eingeordnet werden.
Aber dem Gericht ja offenbar ebenfalls nicht :)
Nutzungsausfallentschädigung bekommt man für die Tage, an denen man auf ein Fahrzeug angewiesen ist, aber kein anderes Fahrzeug zur Verfügung hat. Durch die Anmietung des Ersatzfahrzeugs (das für die gesamte Ausfallzeit zur Verfügung stand), ist jedoch ein Fahrzeug da. Damit funktioniert es nicht, hier diesen Nutzungsausfall geltend zu machen. Wieso die Versicherung nicht die komplette Zeit anerkannt hat, weiß ich nicht. Wahrscheinlich geht sie davon aus, dass das neue Fahrzeug für den GF schneller hätte besorgt werden können.
Hier hat der GF/die Arbeitgeberin versucht, die Differenz zwischen der Nutzungsausfallpauschale und den Mietwagenkosten einzuklagen.
Arbeitgeber
Eigentlich ist der sogenannte Arbeitgeber der Arbeitnehmer und der sogenannte Arbeitnehmer der Arbeitgeber.
Hab Schnappspralinen, nur für dich!
*Schnapspralinen
Super Kommentar, vielen Dank!
E: klingt vllt sarkastisch, ist aber tatsächlich ernst gemeint. Sehr konstruktiv und gelernt habe ich auch.
Freut mich. Dann ist meine Erfahrung, nachdem mir in drei Jahren hintereinander jeweils jemand ins Auto gefahren ist nicht umsonst 😅
Das sind 2000 Mark. 4000 Ostmark. 40000 Ostmark aufm Schwarzmarkt.
Von den bisherigen !ich_iel@feddit.org-Pfostierungen hätte man 0.002680 % der DDR entschulden können.