Herr Flassbeck, die Debatte um Boomer und die Generationengerechtigkeit hat Sie wütend gemacht. Warum?
Diese Boomer-Debatte ist einfach grober Unfug. Man kann eine Generation nicht kollektiv für alles verantwortlich machen, was in ihrer Lebenszeit schiefgelaufen ist. Hinzu kommt: Verantwortlich kann nur sein, wer handelt. Und gehandelt wird nun mal nicht von Generationen, sondern von Menschen. Dieses kollektive Handeln, was man „den Boomern“ oder „der Gen-Z“ immer unterstellt, gibt es einfach nicht.
Aber die Boomer…
Es gibt „die Boomer“ nicht! Alles, was die Mitglieder einer Generation gemeinsam haben, sind ihre Geburtsjahre. Wenn Sie jemandem die Schuld geben wollen, dann den Politikern und anderen mächtigen Menschen, die damals das Sagen hatten. Wir hatten zum Beispiel jeweils 16 Jahre mit Helmut Kohl und Angela Merkel. Das waren Stillstandphasen, die durch nichts zu rechtfertigen waren. Die Schröder-Zeit war sogar ein Rückschritt. Die Fehler von Kohl, Merkel und Schröder einer ganzen Alterskohorte zuzuschlagen, geht einfach nicht. Ich bin ja zum Beispiel mitgemeint, wenn die Leute über „Boomer“ reden. Ich habe aber mein ganzes wissenschaftliches Leben damit verbracht, gegen die Politik, die man mit den „Boomern“ assoziiert, anzuargumentieren.
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Herrlich - sind Kohl, Schröder und Merkel gottgegeben vom Himmel gefallen? Wer hat die denn gewählt? Waren das wohl nicht primär die Boomer? 😂
Ne, das waren nicht die Boomer. Das waren die, die die gewählt haben und die kamen aus allen Altersschichten. Warum soll ein “Boomer”, der sein Leben lang z.B. Grüne gewählt hat jetzt auf einmal für Kohl verantwortlich sein? Kleine Erinnerung: “Die Boomer”, um in Deinem Jargon zu bleiben, haben die Grünen gegründet.
Es sind auch nicht “die Millenials” an der AfD schuld nur weil diese Generation am meisten AfD wählt. Es sind die AfD-Wähler schuld. Unabhängig davon wie alt die sind.
Edit:
Diese gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit verdammen wir zurecht wenn es um Rassismus geht. Wenn es allerdings um Altersrassimus geht ist das ganz offensichtlich für viele Null Problem. Für ihren Geburtstag und ihrer Eltern sind die Menschen aber nicht verantwortlich.
Drahtseilakt. Du sagst hier, einzelne Gegenbeispiele bedeuten, dass man das Handeln einer Gruppe nicht als ganzes verdammen kann. Das ehrt dich. Nichtsdestotrotz muss man meiner Meinung nach, in einer Demokratie Schuld auch immer bei den Wähler suchen. Wenn ich jetzt sage:
*Ein bisschen über der Hälfte der Boomregeneration haben die Wohlstandszeit für Selbstbereicherung genutzt und schiebt jetzt in der Kriese alle Lasten auf eine junge Generation und Flüchtlinge ab, während sie an ihrem Luxus festhalten. *
Dann klappt deine individuelle Gegenperspektive nicht mehr. Im Internet sind diese beiden Aussagen aber ich identisch.
Ja, also haben das nicht “die Boomer” gemacht sondern die entsprechenden Wähler.
Und warum hörst Du bei den “Boomern” (>60) auf? Nehmen wir doch mal die “Nicht-Boomer” (<60). Die haben 2025 zu 64% SPD, CDU/CSU, AfD und FDP gewählt. Das ändert jetzt natürlich alles…
Dieses “Boomer”, “Millenial”, Gen-X", … sind völlig willkürliche Einteilungen die nur dazu nützlich sind um die Menschen gegeneinander aufzuhetzen. Mit Erfolg, wie man auch an dir sieht.
Die individuelle Gegenperspektive funktioniert natürlich. Niemand ist dafür verantwortlich was die anderen machen nur weil er zufällig im gleichen Jahr Geburtstag hat. Du bist verantwortlich für dein persönliches Verhalten und für nichts sonst.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist immer scheiße und immer falsch. Auch und besonders wenn sie von Leuten kommt, die sich selbst vielleicht gerne als links-liberal sehen.
Jene nicht Boomer, welche die wirklich Schuldigen Parteien wählen, sind genau das Problem. Wir als Gesellschaft müssen uns klar machen, dass hier großes Unrecht geschieht. Das Unrecht ist zwischen Arm und Reich, dieser Gradient bestehen eben auch zwischen alt und jung.
Niemand will eine Anti-Boomer Gesetzgebung aber eine intergenerationeller Finanzausgleich (auch Boomer Solo genannt) ist die gerechteste Methode um Altersarmut zu verhindern. Und dafür bietet sich ein Narrativ, an das diesen Umstand verdeutlicht.
Da hast Du recht.
Stell dir mal vor, die 40 Jahre mehr auf dem Buckel. Natürlich haben da einige mehr als jemand, der seit 2 Jahren in Ausbildung ist. Einige haben allerdings auch nicht mehr. Aber egal, die kommen einfach mit in den großen Sack der Vorurteile und dann wird unterschiedlos drauf gehauen.
Da kann man sicherlich drüber reden. Gleichzeitig mit dem Thema Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer z.B. Das alles ist allerdings kein Grund pauschal gegen ganze Bevölkerungsgruppen zu hetzen.
Warum nicht ein bisschen Hetze wagen um die eigenen politische Ideen durchzusetzen? Und warum bei “Boomern” Schluss machen? Warum nicht ein bisschen gegen Muslime hetzen? Oder gegen Frauen? Juden? Das hilft bestimmt einigen ihre politischen Ideen zu verdeutlichen und durchzusetzen. Merkst selbst, wie falsch das ist, ne?
Nein das merke ich nicht selber. Ich “Hetze” gegen die privilegierteste Generation aller Zeiten, die mehrheitlich eine Politik des kurzfristigen Luxus über langfristige Fairness gestellt hat. Du sagst, dass ist doch das gleiche wie gegen Minderheiten zu hetzen. Da machst du einen großen Fehler in deiner Opferwahrnehmung den du wirklich Mal überdenken solltest.
Aber zusammengefasst wollen wir die gleiche Policy, dir passt nur das Narrativ nicht. Das verstehe ich total. Ich gebe nur zu bedenken, dass gegen den Wohlstand Politik gemacht werden MUSS. Der Wohlstand ist mit der Boomer Generation aber in der Mehrheit. Dass heißt unsere Strategie muss Demonstrationen, Streiks und mediale Deutungshoheit beinhalten. Dafür bedienen wir uns - wie alle einflussreichen Bewegungen - auch emotionaler narrative. Das sind eben die Regeln des Spiels.
Das Narrativ “Alt gegen Jung” spaltet unnötigerweise die Arbeiterklasse, schrumpft dadurch das Potenzial zur Massenmobilisierung und legitimiert moralisierte politische Ablenkungsdebatten, die sich von der real existierenden Ungleichheit abkoppeln. Das ist in meiner Sichtweise selbst für reformistische Ansätze die falsche Strategie, um für eine sozialere Gesellschaft zu kämpfen.
Gut köglich dass du damit Recht hast. Das ist aber ein strategisches Argument. Da muss man andere Ansichten zulassen. Ich bin selbst nicht sicher auf welches narrativ ich setzen will.
Alter … Du willst doch nur deine Vorurteile ausleben.
Nehmen wir mal nur die jungen unter 25. Die haben mit 51% für SPD, CDU/CSU, AfD und FDP für ein lautes: Weiter so! gestimmt. Wenn du das BSW noch dazu rechnest (“Unsere Rentner verdienen mehr Rente!”) dann sind es sogar 57% aber Schuld sind bei dir nur die “Boomer”. Und die auch noch komplett unterschiedlos. Die sind für dich schuldig einfach weil sie alt sind. Egal ob da vielleicht welche für ein gerechteres Deutschland gekämfpt haben. Alles egal für dich. Schuldig weil im falschen Jahr geboren.
/thread
Strohmann Argument. Ich sage die Debatte um Generationengerechtigkeit ist ein Teil der Fragestellung um Verteilungsgerechtigkeit. Wie du aus meinen Antworten lesen kannst, nochmal ein besonders großer.