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Dobrindt, der selbst kein Jurist ist, hat sich darüber einfach hinweggesetzt. Der Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts war für viele Juristen nun wirklich keine Überraschung. Auch Dobrindt muss damit gerechnet haben - und was macht er? Er tritt vor die Presse und sagt wörtlich: “Es gibt keinen Grund, aufgrund einer Gerichtsentscheidung, die heute hier erfolgt ist, in diesem Einzelfall unsere Praxis zu verändern.”

Aber in einem Rechtsstaat sollte nicht das persönliche Rechtsverständnis eines Ministers oder seiner Partei entscheidend sein, sondern das geschriebene Gesetz und die Auslegung durch die unabhängige Justiz. Und wenn ein Innenminister - also der Mann, der auch die Polizei verantwortet - öffentlich erklärt, sich von Gerichtsentscheidungen nicht beeindrucken zu lassen, dann signalisiert er: Recht gilt nur, wie es mir passt.

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Eine Bundesregierung, ein Innenminister, von dem nach einer Gerichtsentscheidung kein selbstkritisches Wort zu hören ist - das ist besorgniserregend. Und gruselig. Und bei einem Seitenblick in Richtung USA stellt sich die Frage: Wollen wir dahin?

  • killingspark@feddit.org
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    4 days ago

    Mitglieder dieser Partei fordern ständig Dinge zu denen Richter schonmal nein gesagt haben. Bürgergeld 100% Sanktionieren, Vorratsdatenspeicherung, etc etc.

    Von der Leyens mehrmaliges “verlieren” von SMS erst als Verteidigungsministerin und jetzt als EU Kommissarin? Vollkommen ohne Konsequenzen.

    https://www.tagesschau.de/ausland/europa/von-der-leyen-sms-corona-imfpungen-100.html

    Was stand in den SMS, die sich EU-Kommissionschefin von der Leyen und Pfizer-Chef Bourla kurz vor einem milliardenschweren Impfstoff-Deal schrieben? Die Kommission hält das geheim. Zu Unrecht, sagt das EU-Gericht.

    Mit Rechtsstaatlichkeit gewinnt man heute keine Wahlen mehr, weil die Bevölkerung die Institutionen nicht mehr mit sich selber verbindet. Ein Affront an die Justiz wird nicht mehr als ein Affront an die Gesellschaft gesehen.

    An dieser Entwicklung arbeitet die CDU schon lange. Die SPD ist da natürlich auch gut dabei und die AfD trägt das quasi als Kernmarke.

    Die CDU redet aber intern anscheinend mindestens so verächtlich über die Justiz wie die AfD öffentlich. Ich will nur hierran erinnern:

    https://archive.is/Bt2Bc

    Die Leute hätten genug vom “Nazi-Bashing gegen die AfD und dem Gerede über die Brandmauer”. “Vielmehr müssen wir sie deshalb inhaltlich bekämpfen.” Niemand, so fügte ein anderer Unionsmann am Telefon hinzu, könne die Ausreden mehr hören, wegen irgendeines “Scheiß-Gerichts” gehe dies nicht, wegen des Europarechts oder wegen der Genfer Flüchtlingskonvention gehe jenes nicht.

    Der US-Präsident beim Unterzeichnen von Regierungsdekreten im Oval Office, in deren Folge illegale Einwanderer aufgegriffen, Umweltschutzbehörden abgeschafft oder Gewalttäter auf freien Fuß gesetzt werden. “So eine Optik brauchen wir auch”, meint ein Merz-Vertrauter: “Die Schreibunterlage, der Füller, die Unterschrift – zack! So was wollen die Leute sehen!”

    Wer braucht schon ein Parlament, oder eine Justiz als Kontrollinstanzen. Einfach mal zack! machen und auf die Regeln scheissen.