Der massive Polizeieinsatz in der NS-Gedenkstätte Peršmanhof war rechtswidrig. Das stellt nun ein Bericht des österreichischen Innenministeriums fest.
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Laut dem Bericht liegt die Hauptverantwortung für den Einsatz beim stellvertretenden Leiter des LSE, der das Vorgehen mit „Beschwerden aus der Bevölkerung“ rechtfertigte.
Allerdings konnte keine einzige Person ausfindig gemacht werden, die sich über das Zeltlager beschwert hat. Der Beamte gab an, eine Beschwerde von einer Privatperson erhalten zu haben, wisse jedoch nicht, wie diese heiße.
Ein ungewöhnlicher Anlass für einen solch massiven Polizeieinsatz. Der Mann wurde inzwischen einer anderen Dienststelle zugewiesen. Zudem wurde ein Verfahren wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch eingeleitet.
Der behördliche Einsatzleiter war Bezirkshauptmann Gert-André Klösch, der sowohl im Vorfeld eingebunden war als auch während der Amtshandlung weitgehend vor Ort.
Klösch stand in der Vergangenheit in der Kritik, weil er jahrelang das „Kroatengedenken“ im nahegelegenen Bleiburg/Pliberk geduldet hat – eine Veranstaltung, bei der über Jahre Tausende Teilnehmer*innen die kroatischen Nazikollaborateure der Ustascha verherrlichten.
Umso absurder wirkt das Vorgehen gegen das kleine antifaschistische Camp in den Bergen mit rund 60 Teilnehmenden. Klösch ist weiterhin im Amt.
Nach Einschätzung der Kommission war das LSE Kärnten für den Einsatz nicht zuständig, da es sich beim Wildcampen nicht um Extremismus handelt. Hinsichtlich möglicher Verstöße gegen die Campingplatzverordnung kommt die Kommission zu dem Schluss, dass lediglich zwei Zelte außerhalb des Gedenkstättengeländes aufgestellt waren – diese hätte die Polizei kontrollieren dürfen. Die Identitätsfeststellung aller Teilnehmer*innen des Antifa-Camps war jedoch unzulässig.
Der Bericht widmet sich ausführlich der Geschichte des Peršmanhofs und der Verfolgung der Kärntner Slowen*innen. Der Einsatz richtete sich laut Kommission zwar nicht gegen die Volksgruppe oder die Gedenkstätte selbst, wohl aber gegen das „pauschal als linksextrem wahrgenommene Antifa-Camp“. Ziel sei gewesen, die Identitätsdaten der Teilnehmenden zu erfassen.
Um an diese Daten zu gelangen, zeigte die Polizei bemerkenswerte Kreativität bei der Begründung ihres Vorgehens. So wurde etwa der Einsatz des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) damit gerechtfertigt, dass Ausländer vor Ort gewesen seien.
„Fremdenwesen“
Abgesehen davon wo Problem?
Einer 24-jährigen Person mit deutscher Staatsbürgerschaft drohten die Behörden nach der Polizeikontrolle sogar mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme – sprich: Ausweisung. Die taz berichtete.
Ein Vorgehen gegen die slowenische Minderheit in Kärnten und die Gedenkstätte war laut Bericht nicht das Ziel des Einsatzes. Den Verantwortlichen war jedoch offenkundig egal, dass ein solches Vorgehen tiefe Wunden bei den Nachfahren der Opfer und Angehörigen der Kärntner Slowen:innen hinterlässt.
Angehörige der Minderheit wiederum betonten bei einer Pressekonferenz am Freitagmorgen, dass sie das Vorgehen durchaus als Angriff auf sich als Gruppe sehen.
Der Bericht wird die offenen Wunden kaum schließen können – auch weil die konservative ÖVP und die rechtspopulistische FPÖ in Kärnten nicht den Polizeieinsatz, sondern den Bericht kritisieren.
Der Rechtsanwalt Rudi Vouk sagt: „Die Reaktionen auf den Bericht sind ein Skandal. Der Innenminister hat es nicht über die Lippen gebracht, sich bei den direkten Betroffenen zu entschuldigen.“ Auch die slowenische Außenministerin Tanja Fajon fordert eine Entschuldigung bei den Teilnehmer*innen des Camps.
In der Umgebung des Peršmanhofs wurden zudem in der vergangenen Woche acht zweisprachige Ortsschilder beschmiert, wobei die slowenischen Ortsbezeichnungen im zweisprachigen Gebiet unkenntlich gemacht wurden – sieben in Bad Eisenkappel/Železna Kapla und eines in Bleiburg/Pliberk.
Die Schmierereien haben in der Region einen hohen symbolischen Charakter, da die Kärntner Slowen:innen jahrzehntelang im sogenannten Ortstafelstreit um ihre Minderheitenrechte kämpfen mussten.


Ein Verfahren wurde eingeleitet? Können wir sowas auch in Deutschland haben?
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